Obsorge
Gibt es einen Unterschied zwischen Sorgerecht und Obsorge?
Nein, beide Begriffe sind bedeutungsgleich. In Österreich verwendet der Gesetzgeber den Begriff Obsorge.
Die Obsorge umfasst die Pflege und Erziehung des Kindes, die Bestimmung seines Aufenthaltes, die Vermögensverwaltung und die gesetzliche Vertretung des Kindes. Das Kontaktrecht ist demgegenüber das Recht und die Pflicht der Eltern (und untergeordnet auch der Großeltern) persönliche Kontakte mit dem Kind zu pflegen, auch unabhängig davon, ob der den Kontakt suchende Elternteil mit der Obsorge (mit-)betraut ist oder nicht.
Wenn verheiratete Personen ein Kind bekommen, so besteht automatisch die gemeinsame Obsorge. Gemeinsame Obsorge besteht auch dann, wenn die Kindeseltern nach Geburt des Kindes heiraten. Wenn die Kindeseltern ansonsten unverheiratet sind, so erhält die Kindesmutter grundsätzlich die alleinige Obsorge. Es besteht jedoch die Möglichkeit beim Standesamt die gemeinsame Obsorge zu vereinbaren. Im Streitfall kann auch das Gericht auf Antrag eines Elternteils die gemeinsame Obsorge festlegen, wenn dies dem Kindeswohl entspricht.
Wenn beide Elternteile die gemeinsame Obsorge haben, so bleibt diese auch nach einer Trennung oder Scheidung grundsätzlich aufrecht. Die Eltern haben jedoch eine Vereinbarung darüber zutreffen, in wessen Haushalt das Kind nach der Trennung hauptsächlich betreut wird. Daneben können die Eltern auch vereinbaren, dass in Zukunft überhaupt nur einem Elternteil die alleinige Obsorge zukommen soll. Wenn keine Einigung besteht oder ein Elternteil das Kindeswohl gefährdet, so entscheidet das Gericht über die Frage, wem in Zukunft die Obsorge zukommen soll.
Sind beide Elternteile mit der Obsorge betraut, haben diese grundsätzlich einvernehmlich vorzugehen. Das bedeutet, dass der andere Elternteil vor der geplanten reise verständigt und mit diesem Einvernehmen hergestellt werden sollte. Dennoch kann die Reise grundsätzlich auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils angetreten werden.
Wenn nur ein Elternteil alleine mit der Obsorge betraut ist, kann dieser dem anderen Elternteil die Auslandsreise mit dem Kind auch untersagen.
Was passiert nach der Trennung mit der bestehenden Obsorgeregelung?
An einer bestehenden Obsorgeregelung (gemeinsame oder alleinige Obsorge) tritt grundsätzlich lediglich aufgrund der Trennung (sofern die Kindeseltern – etwa im Fall der einvernehmlichen Scheidung – keine einvernehmliche Regelung treffen) keine Änderung ein.
Wenn bisher die gemeinsame Obsorge bestand und auch weiterhin bestehen soll, so müssen die Kindeseltern festlegen, in wessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut werden soll.
Wenn nunmehr nach der Trennung jedoch eine Vereinbarung über die Obsorge und den hauptsächlichen Wohnsitz des Kindes zwischen den Eltern nicht zustande kommt oder wenn einer von beiden Elternteilen die Übertragung der alleinigen Obsorge an ihn beantragt, hat das Gericht unter Berücksichtigung des Kindeswohles für einen Zeitraum von sechs Monaten eine vorläufige Regelung (Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung) festzusetzen. Das Gericht legt hierzu fest, in wessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird und räumt dem anderen Elternteil im Gegenzug ein Kontaktrecht ein.
Nach Ablauf der gerichtlich festgesetzten Frist von sechs Monaten wird dann nach Maßgabe des Kindeswohls und den in der "Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung" gemachten Erfahrungen endgültig über die Obsorgefrage entschieden. Dem Gericht wird diesbezüglich zur Entscheidungsfindung die Familiengerichtshilfe (SozialarbeiterInnen, PädagogInnen oder PsychologInnen) zur Seite gestellt, welche im Auftrag des Gerichts tätig wird. Die Familiengerichtshilfe kann je nach Auftrag des Gerichtes ein Clearing zur Anbahnung einer gütlichen Einigung durchführen, Entscheidungsgrundlagen sammeln oder eine fachliche Stellungnahme abgeben.
Welche Vertretungshandlungen dürfen bei gemeinsamer Obsorge allein von einem Elternteil vorgenommen werden?
Die gesetzliche Vertretung steht grundsätzlich jedem Elternteil allein zu, auch wenn die Kindeseltern im Innenverhältnis einvernehmlich vorzugehen haben. Das heißt, dass die Vertretungshandlungen eines Elternteiles auch dann rechtswirksam sind, wenn der andere Elternteil nicht damit einverstanden ist.
Das Gesetz sieht jedoch besonders wichtige Vertretungshandlungen vor, die lediglich mit der Zustimmung beider Elternteile vorgenommen werden können. Es handelt sich hierbei um die Änderung des Vor- oder Familiennamens, den Ein- oder Austritt in/aus einer Kirche oder Religionsgemeinschaft, die Übergabe in fremde Pflege, die vorzeitige Lösung eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrages und die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind.
Darüber hinaus steht jedem Elternteil das Recht zu, das Gericht im Anlassfall zum Zweck des Ersatzes einer Zustimmung oder Einwilligung anzurufen, wenn die Eltern kein Einvernehmen erzielen können.
Wenn ein Elternteil mit der alleinigen Obsorge betraut ist, steht diesem jedoch das Alleinvertretungsrecht zu.
Grundsätzlich kann jeder Elternteil eine Neuregelung der Obsorge bei Gericht verlangen. Dies, wenn sich die Umstände geändert haben oder durch die bestehende Regelung eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt.
Mag.a Elisabeth Kaser, LL.M.
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